Die erste mechanische Rechenmaschine, die alle vier Grundrechenarten und sogar das Wurzelziehen unterstützte,
wurde 1623 vom Tübinger Professor Wilhelm Schickard (1592-1635) erfunden
und von seinem Mechaniker Johann Pfister gebaut.
Die Maschine bestand aus drei Bauteilen: einem Addierwerk, einem Multiplizierwerk sowie einem Zwischenspeicher für eine sechsstellige Dezimalzahl.
Das Addierwerk beherrschte den automatischen Zehnerübertrag bei Addition und Subtraktion.
Das Multiplizierwerk basierte auf den Napierschen Rechenstäbchen von 1617.
Ein zweites Exemplar sollte 1624 für Schickards Freund Johannes Kepler gebaut werden, wurde aber noch vor der Fertigstellung durch einen Brand zerstört.
Nachdem Wilhelm Schickard mitten im Dreißigjährigen Krieg nach der Besetzung Württembergs durch kaiserliche Truppen mitsamt seiner Familie an der Pest starb,
gerieten er und seine Erfindung in Vergessenheit, sodass lange
Blaise Pascal als Erfinder der ersten Rechenmaschine galt.
In den 1930er Jahren wurden im Nachlass Johannes Keplers zwei Briefe gefunden, die Schickard an seinen Freund Kepler geschrieben hatte.
In diesen Briefen beschrieb Schickard seine Rechenmaschine und ihre Bauteile.
Es wurden auch zwei Skizzen der Rechenmaschine
sowie Konstruktionsanweisungen Schickards an seinen Mechaniker Johann Pfister gefunden.
Anhand dieser Unterlagen gelang es dem Tübinger Professor
Bruno von Freytag-Löringhoff
in dreijähriger Arbeit von 1957 bis 1960 die Maschine zu rekonstruieren
und einen funktionsfähigen Nachbau anzufertigen.
Das Multiplizierwerk besteht aus sechs drehbaren Zylindern, die jeweils zehn Seiten haben und für die Ziffern von null bis neun die errechneten Ergebnisse des kleinen Einmaleins enthalten. Durch Schieberegister kann jeweils die Reihe des aktuellen Multiplikators geöffnet werden, die gerade für die Multiplikation oder Division benötigt wird. Die Reihen der nicht benötigten Multiplikatoren bleiben dagegen verborgen und stören dadurch beim Ablesen nicht.
Das Multiplizierwerk und die Multiplikation werden im Video "Multiplikation mit der Schickard-Rechenmaschine" erläutert. Dort wird auch die Multiplikation mit den von John Napier erfundenen Rechenstäbchen erläutert, da diese die Grundlage für das Multiplizierwerk der Schickard-Rechenmaschine darstellen.
Die Division wird als umgekehrte Multiplikation berechnet. Dies wird im Video "Division mit der Schickard-Rechenmaschine" gezeigt.
Das Addierwerk ist das Herzstück der Schickard-Rechenmaschine, da es für alle vier Grundrechenarten benötigt wird und bei weitem der mechanisch aufwendigste Teil der Maschine ist.
Es besteht aus folgenden Teilen:
Damit das Addierwerk möglichst störungsfrei funktioniert, ist es ganz wichtig, dass die Zahnräder in genau definierten Winkeln zueinander angeordnet sind. Der Winkel 36° ergibt sich durch 360° / 10. Der Winkel, den jeweils zwei Haupträder mit einem Hilfsrad bilden, soll möglichst genau 90° sein. Der dritte Winkel von 54° ergibt sich dann automatisch.
Der Aufbau und die Funktionsweise des Addierwerks werden im Video "Addition und Subtraktion mit der Schickard-Rechenmaschine" erläutert.
Der Zwischenspeicher dient dazu, eine bis zu sechsstellige Dezimalzahl zu speichern. Dies wird in den Berechnungen aller vier Grundrechenarten benötigt.
Der Zwischenspeicher ist sehr einfach konstruiert. Er besteht aus sechs drehbaren Zahlenscheiben, die mit den Ziffern von null bis neun beschriftet sind, bei denen aber durch ein Sichtfenster jeweils nur die aktuelle Ziffer sichtbar ist.